Tiere nehmen in der Welt der Kinder – und ebenso in
der Welt von uns Erwachsenen – einen sehr wesentlichen
Platz ein. Mit Tieren fühlen wir uns unmittelbar
verbunden. Eine Welt voll von sinnlichen Erfahrungen,
Abenteuerlust, Lebensfreu(n)de und Lernerlebnissen:
die Verbundenheit mit der Natur und die Nähe
zu Tieren ist für uns alle ein Grundbedürfnis.
Dennoch haben wir immer weniger Kontakt zu Tieren,
können sie immer seltener in freier Wildbahn beobachten:
durch die zunehmende Verstädterung beschränken
wir unseren Kontakt auf immer weniger
Tierarten.
Von immer grösserer Bedeutung wird deshalb die
Frage, wie wir Erwachsenen Kinder und Jugendliche
darin unterstützen können, eine positive, partnerschaftliche
Kind-Tier-Beziehung aufbauen zu können.
Nehmen wir Erwachsenen die Bedeutung und den
Sinn dieser Beziehung bewusst wahr und räumen ihr
den entsprechenden Raum ein?
Eigentlich lieben Kinder Tiere, ihr Verhalten
gegenüber anderen Geschöpfen aber wird
von den Erwachsenen geprägt.
Kinder haben einen sehr positiven Bezug zu Tieren. Durch Tiere lernen sie viele Seiten des Lebens mit
hoher Motivation und auf natürliche Weise kennen. Das bietet uns Erwachsenen die Möglichkeit, dieses
Interesse an Tieren aufzugreifen und Kinder erzieherisch zum Verständnis und Respekt gegenüber allen
Lebewesen zu führen.
Kontakte mit Tieren bieten Kindern die Gelegenheit,
menschliche Fähigkeiten wie Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermögen,
Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein
zu lernen und zu entwickeln. Tiere
haben auch positive Auswirkungen auf die Familie,
indem sie beispielsweise die Kommunikation und das
Zusammentreffen von Familienmitgliedern fördern.
Kindern, die ohne Erlebnisse mit Tieren aufwachsen,
fehlen in ihrer Entwicklung wesentliche Erlebnisse
und Erfahrungen. Tiere sollten für jedes Kind dieser
Welt ein bereichernder Teil ihres Lebens sein und
Kinder möchten Tieren möglichst oft begegnen. Das
soll aber nicht heissen, dass unser Glück in der Haltung
von Heimtieren liegt. Auch landwirtschaftliche
Nutztiere sind mit uns verbunden, auch ihr Wohl liegt
in unseren Händen. Ebenso wie das Wohl der Wildtiere
oder der Labortiere. Und das Wohl von Zirkus- oder
Zootieren.
Wir möchten bei Kindern eine allgemeine Akzeptanz
auf das Recht zum Leben aller Tiere erreichen. Dieses
Ziel ist viel wichtiger, als dass Kinder alle Tiere gleich
lieb haben sollen. Denn zur Entwicklung einer positiven
Beziehung zwischen Kindern und Tieren gehört,dass Tiere um ihrer selbst und gerade wegen ihrer
Andersartigkeit geschätzt und geschützt werden.
Dabei orientieren sich Kinder daran, wie wir Erwachsenen
uns verhalten, welche Einstellungen wir gegenüber
Tieren haben. Wie wir unsere Mensch-Tier-
Beziehung erklären und Kinder in ihrer eigenen Beziehung
begleiten.
Unser Bild von Tieren – und unser Verhältnis zu ihnen
– wurde neben eigenen Erlebnissen auch von
unserem Umfeld geprägt. Schon bald hatten wir Lieblingstiere,
denen wir uns in der Phantasie als Kinder
bestimmte Funktionen und Verhaltensweisen zuschrieben.
Wie nah diese Vorstellungen an die Realität
herankamen, wurde durch unsere persönlichen
Erfahrungen, durch eigene Erlebnisse beeinflusst.
Oder wir hatten und haben eine Abneigung gegen
Tierarten, durch negative Erlebnisse, häufiger aber
durch den Einfluss unserer Umwelt.
Beispielsweise sind landwirtschaftliche Nutztiere bei
Kindern generell weniger beliebt, was auf die immer
anonymere Beziehung unserer Gesellschaft zu dieser
Tiergruppe zurückzuführen ist. Während wir zu Heimtieren
eine sehr nahe, persönliche Bindung haben, ist
unsere Beziehung zu Nutztieren sachlicher. Wir begegnen
ihnen seltener und distanzierter, die Kenntnisse
über deren Lebensansprüche gehen immer mehr
verloren.
UNSER TIPP
Ermöglichen Sie Kindern das Beobachten von Tieren
durch Spaziergänge, Walderlebnisse oder den
Kontakt zu Tieren, indem Sie einen Tierpark oder
einen Streichelzoo mit artgerechter Haltung besuchen,
Tiere in der Nachbarschaft während den Ferien
hüten oder beispielsweise Ferien auf dem Bauernhof
machen.
Zugegeben – Spinnen sind (leider) nicht jedermanns
Sache. Kleine Kinder aber gehen sehr viel spontaner
und unmittelbarer auf Krabbeltiere in Haus und Garten
zu – Begriffe wie «Ekeltier» oder «Ungeziefer»
sind ihnen fremd, sie lernen sie erst durch das Verhalten
von uns Erwachsenen. Eigentlich schade. Lassen
wir sie doch das neugierige Wundern und Bewundern
erleben, auch bei Insekten, Spinnen, Schnecken
und Würmern! Der 4jährige Marin ist der geborene
Naturforscher: nichts fasziniert ihn so sehr wie ein
schmutziges Gartenkistchen, in dem Kellerasseln wuseln.
Er kann ihnen minutenlang zusehen und ist tief
betrübt, wenn eine wie tot auf dem Rücken liegt –
doch Glück gehabt: sie hat sich nur tot gestellt!
Ganz sanft helfen die noch tapsigen Händchen der
Kellerassel wieder auf die Beine – flink zieht sie sich
an ein kühles, schattiges und feuchtes Plätzchen
zurück, so wie es Kellerasseln eben lieben.
Schade ist es, wenn Kinder wie Christoph anfangen,
alles, was da kreucht und fleucht, schon als auszurottendes
Ungeziefer anzuschauen: «Totmache, abestampfe
», sagt er mit Nachdruck. Ist das nicht eher
der Erwachsene, den man hier heraushört? Der Erwachsene,
bei dem das Wundern und Staunen in Unsicherheit
und Abneigung umgeschlagen hat, von
dem die Welt der Krabbeltiere als Bedrohung angesehen
wird, der man mit Gift und Klebefallen zu Leibe
rücken muss? Vielleicht sehen Kinder die Wunder der
Natur mit offerenen Augen und erkennen, dass jedes
Tier seinen Sinn und seine Aufgabe im wunderbaren
System der Natur hat, der uns Erwachsenen nur weniger
bewusst ist?
UNSER TIPP
Wenn sich kleine Tiere ins Haus oder die Wohnung
verirren, zeigen Sie Kindern, wie man sie schonend
und lebend wieder nach draussen in die Natur bringt.
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